Kürzlich führte ich ein längeres Gespräch mit Petra-Alexandra Buhl, wie Mittelständler den für sie passenden Digitalisierung-Berater finden könnten. Ausgangspunkt war ein Vortragserlebnis, in dem der Referent seine Zuhörer im Wesentlichen mit Banalitäten abspeiste, wie langsam und schrittweise zu beginnen und selbst Verantwortung zu übernehmen. Ach ja, und „Hausaufgaben zu machen“.

Diese Aussagen gegenüber Unternehmern zu treffen, könnte man durchaus für ein bisschen fragwürdig halten. Dennoch liegt vielleicht auch ein Körnchen Wahrheit darin.

Doch gehen wir einen Schritt zurück: Was hat es eigentlich mit dieser „digitalen Transformation“ auf sich? Wir sprechen hier schließlich nicht über Kleinigkeiten, wie beispielsweise die Frage, ob Unternehmen eine Website betreiben sollten. Beim Thema Digitalisierung geht es um nicht weniger als den strukturierten (und vor allem konsequenten) Aufbau digitaler Geschäftsmodelle, um die Überlebens-fähigkeit des Unternehmens zu sichern.

Eine extrem strategische Aufgabe, für die sich seit neuestem ein eigenes Jobprofil herausgebildet hat: der Chief Digital Officer (CDO).

Nun bin ich persönlich ein Freund davon, die Dinge beim Namen zu nennen und „Management-Sprech“ nach Möglichkeit zu vermeiden. Denn wer immer nur mit C-Level-Titeln CEO, CIO, COO, CFO, CSO, CPO, CMO und eben CDO um sich wirft, ist beim Bullshit Bingo schnell sehr weit vorn dabei. Der CFO bekleidet eine Rolle, in der er/sie dafür zuständig ist, für Geschäftsziele (das Ressort des CEO) digitale (siehe Ressort des CIO) Geschäftsmodelle (wieder siehe CEO und auch CMO) zu entwickeln. Überspitzt könnte man sagen, der CDO nimmt sozusagen eine Brückenfunktion ein, um die etablierten „CxOs“ nicht mit Innovationsthemen zu nerven.

Aber versuchen wir doch zunächst, die Aufgaben dieses CDO zu umschreiben:

 

  1. Er entwickelt Möglichkeiten zur Unterstützung strategischer Geschäftsziele durch digitale Technologien und verantwortet deren Erfolgskontrolle und Optimierung. Denn Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern dient der Unterstützung der Unternehmensstrategie. Nicht mehr und nicht weniger.
  2. Als Innovationsmotor für die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle überblickt und verbindet er alle ökonomischen, technischen und strategischen Aspekte von Digitalisierungsvorhaben. Er verantwortet folgerichtig das digitale Projekt-Portfolio des Unternehmens. Denn die Vielzahl von Digitalisierungs-Initiativen im Unternehmen erfordert ein gewisses Maß an Koordination und Moderation.
  3. Der CDO moderiert die Positionierung des Unternehmens am Markt (gemeint ist hiermit sowohl die Positionierung gegenüber Kunden und Partnern als auch die Positionierung als moderner Arbeitgeber).
  4. Er fungiert als Botschafter des digitalen Wandels im Rahmen der Personalwirtschaft des Unternehmens und hilft, Führungskonzepte zu entwickeln, die das Unternehmen als Arbeitgeber für Top-Talente attraktiv machen.
  5. Er ist im Rahmen der digitalen Transformation Vermittler, Moderator und Coach auf Führungsebene und sorgt so dafür, dass jeder Unternehmensbereich aktiv in die Umsetzung der Digitalisierungsvorhaben involviert ist und seinen spezifischen Nutzen daraus ziehen kann.

Der „neue“ CDO setzt somit in seiner Rolle unter dem Gesichtspunkt der Digitalisierung eine Vielzahl von Aufgaben um, die ansonsten i.d.R. auf andere CxO-Rollen verteilt sind. Er nimmt dabei die Rolle des Moderators und „Enablers“ wahr, der durch sein strategisches Querschnittsthema „Digitalisierung“ eine Vielzahl von Bereichen massiv beeinflusst und (hoffentlich) nachhaltige Veränderungen im Unternehmen herbeiführt.

Gerade in mittelständischen Unternehmen ist es jedoch häufig so, dass das Top Management (CxO) operativ sehr „nah am Geschehen“ ist. Die Vermittler-Rolle des CDO ist in vielen Fällen überhaupt nicht erforderlich, da die Abstimmung der einzelnen C-Ressorts auch auf einer konstruktiven Arbeitsebene hervorragend funktioniert. 

Der Mehrwert eines CDO im Mittelstand ist vielmehr darin zu sehen, die Unternehmensführung fachlich zu beraten, Erfahrungswerte beizusteuern und so den Blick über den Tellerrand zu ermöglichen.