.KOMMENTAR

Es war schon seit einiger Zeit abzusehen – Meta bietet seit November an, seinen Nutzern in der EU  gegen Zahlung einer Monatsgebühr eine werbefreie Mitgliedschaft bereitzustellen. Das klingt erst einmal positiv, könnte man doch meinen, dass damit ein datenschutzfreundlicher Zugang zur Plattform bereitgestellt würde. Doch genau genommen verdient Meta sein Geld eben nicht mit Werbung, sondern mit der Sammlung, Aggregation und letzen Ende dem Verkauf von Nutzerprofilen, die im Wesentlichen aus personenbezogenen Daten generiert werden. Die eigentliche Werbung ist dabei nur eine Auswirkung der zugrundeliegenden geschäftlichen Tätigkeit.

Der rechtliche Hintergrund

Datenschützer werfen dem Konzern seit Jahren vor, die DSGVO weitgehend zu ignorieren. Nachdem der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) Anfang 2023 „Ordnung schaffen“ wollte und die Irische Datenschutzbehörde (wenn auch eher widerwillig und nach viel Druck von außen) ein Bußgeld in Höhe von 390 Mio EUR gegen Meta verhängte, sollte sich Manches ändern.

Doch der geneigte Leser ahnt es bereits: Meta wurde wegen der paar Millionen natürlich nicht plötzlich von seiner Existenz als Datenkrake geläutert. Der Konzern konnte in den Jahren seit Inkrafttreten der DSGVO hervorragend hinter der im Wesentlichen untätigen irischen Datenschutz-Aufsichtsbehörde verstecken. Schließlich ist Irland der auserwählte Europa-Standort des Meta-Konzerns, der dort den einen oder anderen Steuer-Euro zahlt. (Kritische Beobachter könnten einen Zusammenhang vermuten. Aber wir wissen, dass Datenschutz-Aufsichtsbehörden unabhängig agieren. Somit sind scheinbare Korrelationen sicher reiner Zufall.). Als Reaktion auf das Bußgeld berief sich Meta nun auf sein „berechtigtes Interesse“ gem. Art. 6 (1) f DSGVO (wobei die Inhalte der hierfür notwendigen Abwägung zwischen den schutzbedürftigen Interessen der User und dem kaufmännischen Interesse des Konzerns sicher höchst interessant wären), weigerte sich aber standhaft, die (ebenfalls gem. DSGVO erforderliche) Einwilligung für die Datenverarbeitung einzuholen.

Am 27. Oktober schob der EDSA dem Treiben nun einen Riegel vor und wies die irischen Kollegen durch eine verbindliche Eilentscheidung an, innerhalb von zwei Wochen endgültige Maßnahmen in Bezug auf Meta Ireland Limited (Meta IE) zu ergreifen und ein Verbot der Verarbeitung personenbezogener Daten für verhaltensbezogene Werbung auf der Rechtsgrundlage von Verträgen und berechtigten Interessen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu verhängen.

Mathematik

Die finanzielle Basis von Metas Geschäftsmodell: ein Benutzerprofil ist bares Geld wert. Rechnen wir es einfach aus:

Im dritten Quartal 2023 hatte die FoA, die „Family of Apps“ (bestehend aus Instagram, WhatsApp, Messenger, Facebook) 3,96 Milliarden monatlich aktive Nutzer*innen und erzielte einen Quartalsumsatz in Höhe von $ 34,15 Mrd (Quelle: allfacebook.de). Wenn wir der Einfachheit halber davon ausgingen, dass alle Monate des Quartals gleich stark waren, wäre das ein Monatsumsatz i. H. v. $ 11,38 Mrd., also ein Umsatz von etwa $ 2,87 pro User und Monat. Nach dieser Betrachtung wäre es für Meta unglaublich lukrativ, 10 EUR pro Monat zu verlangen und quasi ein Geschenk an die Nutzer, ihnen diese 10 EUR großzügig zu erlassen und statt dessen ihre Daten für nur 3 EUR zu verkaufen. Doch so einfach ist es nicht unbedingt. Zur „Family of Apps“ gehört auch WhatsApp. Da Zuckerberg und Kollegen immer wieder betonen, dass sie keinerlei Zugriff auf die WA-Daten haben, ist – wenn man dem Glauben schenken darf – eine Monetarisierung in derselben Größenordnung wie bei Facebook und Instagram durchaus fraglich. Statista gibt die Nutzerzahl von WhatsApp für Juni 2023 mit 2.784,3 Mio an. 2,78 Milliarden. Rechnet man nun die Anzahl der WhatsApp-Nutzer aus der Gesamt-Nutzerzahl der FoA heraus, bleiben „gerade einmal“ 1,18 Milliarden Nutzer übrig.

Würde man nun den Monatsumsatz von 11,38 Mrd. auf dies 1,18 Mrd. User aufteilen, käme man – ÜBERRASCHUNG! – auf ziemlich genau § 10 Umsatz pro User und Monat. Schade, ganz so altruistisch ist Herr Zuckerberg wohl doch nicht unterwegs. So gesehen würde Meta schlicht seinen Umsatzausfall durch die Monatsgebühr kompensieren, was immer noch irgendwie in Ordnung erscheint.

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Jedoch verzichtet Meta nicht etwa vollständig auf die Verwertung der personenbezogenen Daten der Nutzer, sondern lediglich auf das Tracking und die Nutzung der Daten für verhaltensbasierte (!) Werbung.

Fazit

Die ohnehin schon unrealistisch hoch angesetzten 10 EUR Monatsgebühr (abhängig vom Wohnsitzland und dem verwendeten Endgerät des Nutzers sogar bis zu 16 EUR) sind auch wieder nur eine Mogelpackung. Auf gut deutsch: Der Datensatz eines zahlenden Nutzers ist nun etwas weniger wert, da er nicht mehr ganz so präzise ist, und darf nicht mehr für alle der bisherigen Zwecke verwendet werden. Verkauft wird er dennoch. Und die 10 EUR kassiert Meta trotzdem. Bleibt zu hoffen, dass auch hier wieder Akteure wie Max Schrems aufstehen und das Problem thematisieren. Angekündigt hat er es bereits.

„Der EuGH hat gesagt, dass die Alternative zu Werbeanzeigen ’notwendig‘ und die Gebühr ‚angemessen‘ sein muss. Ich glaube nicht, dass sie damit 160 Euro pro Jahr im Sinn hatten. Bei diesen sechs Worten handelt es sich um ein ‚obiter dictum‘, ein unverbindliches Element, das über den Kernfall vor dem EuGH hinausging. Für Meta ist dies nicht gerade die verlässlichste Stütze und wir werden uns klar gegen einen solchen Ansatz wehren.“

Max Schrems

NOYB - Europäisches Zentrum für digitale Rechte

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Der Autor

Falk Schmidt ist Projektberater für digitale Geschäftsprozesse und Compliance sowie zertifizierter Datenschutzbeauftragter und Datenschutz-Auditor. Als Lehrbeauftragter an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) vermittelt er Datenschutz-Themen an Studierende.

Die hier erscheinenden Artikel illustrieren seine private und/oder berufliche Meinung, stellen jedoch keine Rechtsberatung im Sinne des RDG dar.